Kreis zieht drastische Zwischenbilanz – Tierschutz, Landwirtschaft und Jagd massiv betroffen
Ein Jahr nach dem ersten bestätigten Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) im Kreis Groß-Gerau zieht die Kreisverwaltung eine dramatische Zwischenbilanz. Bei einer Pressekonferenz am Freitag betonten Vertreterinnen und Vertreter von Verwaltung, Jagd, Forsten und Landwirtschaft: Die Tierseuche ist längst nicht ausgestanden – trotz massiver Gegenmaßnahmen.
Der erste ASP-Nachweis im Kreis erfolgte am 15. Juni 2024, nachdem ein krank erlegtes Wildschwein in Rüsselsheim positiv getestet worden war. „Das war keine Übung“, betonte Amtstierärztin Dr. Katrin Stein. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Seuche jedoch unbemerkt im Kreisgebiet ausgebreitet.
Bilanz nach zwölf Monaten: Zahlen und Maßnahmen
Seither läuft ein großangelegter Seuchenabwehreinsatz, koordiniert vom Veterinäramt und unterstützt durch Landwirtschaft, Jagd, Forst und Katastrophenschutz. Der Erste Kreisbeigeordnete Adil Oyan sprach von einer der größten Herausforderungen, die der Kreis je bewältigt habe:
- 1474 Proben bei Wildschweinen, davon 601 positiv
- Über 3500 Hausschweine in acht Betrieben getötet
- 42 Allgemeinverfügungen, 40 Stabssitzungen, rund 3000 Erntegenehmigungen
- 22.000 Hektar Fläche abgesucht, viele mehrfach
Durch Wildschutzzäune, Drohneneinsätze, Kadaversuchhunde und eine engmaschige Zusammenarbeit sei die Ausbreitung verlangsamt worden, betonte Oyan.
Wildschweine als Hauptüberträger – Ursache ungeklärt
Die genaue Ursache für den Eintrag in Hausschweinehaltungen ist weiterhin unklar. Dr. Stein: „Wir wissen nur, dass das Virus vermutlich aus Südosteuropa stammt.“ Wildschweine seien hochinfektiös und sterben qualvoll – hohes Fieber, Blutungen und Krämpfe seien typische Symptome.
Seit März 2025 führt der Kreis selbst die Einsätze zur Kadaversuche und Bergung durch. 2000 Einsatzstunden wurden allein bei den Keulungen betroffener Bestände durch Feuerwehr, DRK und Verwaltung geleistet.
Jagd, Forst, Landwirtschaft und Ehrenamt gefordert
Markus Stifter vom Landesjagdverband Hessen lobte die Jägerschaft, die durch intensive Bejagung aktiv zur Seuchenbekämpfung beitrage. In April und Mai 2025 wurden allein im Kreis 460 Wildschweine erlegt – fast so viele wie die Zahl der durch ASP verendeten Tiere.
Forstamtsleiter Klaus Velbecker betonte, dass forstliche Arbeiten massiv eingeschränkt seien. Der Zaunbau, Kadaverbergung und das Schließen von Durchlässen seien zusätzliche Aufgaben, die die Kapazitäten binden.
Landwirtin Selina Müller vom Regionalbauernverband Starkenburg sprach von einer „Katastrophe“ für Schweinehalter. Stillstand in einem Bereich, der eigentlich keinen Stillstand kennt – mit dramatischen wirtschaftlichen Folgen. „Die Betriebe brauchen Perspektiven“, forderte sie.
Kreis Groß-Gerau: ASP bleibt im Fokus
Trotz aller Maßnahmen bleibt die Bedrohung bestehen. Der Kreis und seine Partner setzen auf weiterhin enge Zusammenarbeit und fordern zugleich politische Unterstützung auf Landes- und Bundesebene. Die Bekämpfung der ASP wird auch in den kommenden Monaten zentraler Bestandteil der Krisenbewältigung in Südhessen sein.
(GROSS-GERAU – RED/PSGG)
Beitragsbild: Seit einem Jahr im Krisenmodus: Der Kreis Groß-Gerau bilanzierte die Folgen der Afrikanischen Schweinepest bei einer Pressekonferenz. Das Bild zeigt von links: Patrick Fülling (Vorsitzender Kreisjägervereinigung), Klaus Velbecker (Hessen Forst), Dr. Katrin Stein (Veterinärmedizinerin Kreis Groß-Gerau), Adil Oyan (Erster Kreisbeigeordneter), Selina Müller (Geschäftsführerin Regionalbauernverband Starkenburg) und Markus Stifter (Landesjagdverband Hessen). Foto: Kreisverwaltung