KAGZRM: „Gesundheitsschutz muss Vorrang vor Standortinteressen haben“
Mit deutlicher Kritik reagiert die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Zukunft Rhein-Main (KAGZRM) auf jüngste Klagen der Luftverkehrsbranche über angeblich mangelndes Wachstum. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sieht in Steuern und Gebühren Wettbewerbsnachteile für den Standort Deutschland.
Von einer Krise sei im Rhein-Main-Gebiet nichts zu spüren: Laut Fraport lag die Zahl der Flugbewegungen im Juli mit 42.657 nur noch 9,5 Prozent unter dem Rekordjahr 2019. Damit sei die Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner wieder deutlich spürbar. Zwischen Juni und Mitte August wurde 420 Mal gegen das Nachtflugverbot verstoßen.
„Fluglärmschutz darf kein Nebenschauplatz sein“, betont die KAGZRM. „Der Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichem Fluglärm ist ein bundespolitisches Anliegen ersten Ranges. Studien belegen die massiven Gesundheitsrisiken, insbesondere durch nächtlichen Fluglärm – von Schlafstörungen bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“
Die KAGZRM kritisiert, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung keine konkreten Maßnahmen zur Verschärfung von Lärmgrenzwerten oder zur Reform des Fluglärmschutzgesetzes enthält. „Die Bundesregierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und den Fluglärmschutz endlich zu einer echten Priorität machen“, fordert Thomas Will, Vorsitzender der KAGZRM.
Neue wissenschaftliche Studien wie die von Guski, Schreckenberg und Seidler (2023) empfehlen deutlich niedrigere Lärmgrenzen und eine umfassende Anpassung gesetzlicher Regelungen. Auch beim baulichen Schallschutz und den Nachtflugregelungen bestehe Handlungsbedarf.
Die Arbeitsgemeinschaft warnt, dass geplante Entlastungen für die Luftverkehrsbranche – etwa durch Steuersenkungen oder das Zurückfahren nationaler Umweltstandards – den Umwelt- und Lärmschutz schwächen würden. „Ein zukunftsfähiger Luftverkehr muss ökologisch, sozial und gesundheitlich verträglich sein – dafür braucht es klare gesetzliche Vorgaben“, so die KAGZRM.
Gefordert werden verbindliche Nachtflugverbote, modernisierte Lärmgrenzen, klare Anreize für leisere Flugzeugtypen sowie eine konsequente CO₂-Bepreisung und die Verlagerung innerdeutscher Flüge auf die Schiene.
„Fluglärmschutz darf kein freiwilliges Engagement einzelner Länder oder Flughäfen bleiben. Er muss gesetzlich verankert werden – nur so lassen sich Mobilität, wirtschaftliche Entwicklung, Gesundheit und Lebensqualität fair ausgleichen“, lautet das Fazit der KAGZRM.
(KREIS GROSS-GERAU – RED/PSGG)