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Stadt erinnert an jüdischen Buchhändler und Kulturvermittler
Am 1. April 1925 gründete Alfred Bodenheimer (1898–1966) die Darmstädter Bücherstube an der Ecke Rheinstraße/Saalbaustraße. 100 Jahre später würdigt die Wissenschaftsstadt Darmstadt das kulturelle Erbe des jüdischen Buchhändlers und Kulturvermittlers. Oberbürgermeister Hanno Benz betont:
„Alfred Bodenheimer hat mit seiner Bücherstube einen wertvollen Beitrag zum Literatur- und Kulturleben unserer Stadt geleistet.“
Die Bücherstube war weit mehr als eine Buchhandlung. Sie wurde in den 1920er Jahren schnell zu einem Treffpunkt der Darmstädter Literatur-, Kunst- und Musikszene. Lesungen, Ausstellungen und Konzerte schufen ein niederschwelliges, inspirierendes Angebot. Unter den Gästen waren Arnold Zweig und Kurt Tucholsky, gezeigt wurden Werke von Käthe Kollwitz, Picasso und Vlaminck.
Treffpunkt für Freigeister
Die Bücherstube war ein Ort der Offenheit: kein Kaufzwang, rote Sessel und Regale, Tee für die Gäste – ein Raum für Begegnung und Bildung. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde die Lage zunehmend prekär. Dennoch blieb die Bücherstube bis 1935 ein heimlicher Treffpunkt freigeistiger Menschen, ehe Alfred Bodenheimer sie auf Druck der Behörden an das Berliner Buchhändler-Ehepaar Robert und Marianne d’Hooge übergeben musste.
Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde Bodenheimer wie viele andere Darmstädter Jüdinnen und Juden nach Buchenwald deportiert, schwer misshandelt, aber später entlassen. Es gelang ihm die Flucht über England in die USA, wo er in Baltimore lebte. Dort arbeitete er zunächst als Bürstenverkäufer, später in einer Bibliothek. Er starb 1966 vereinsamt und vergessen im Exil.
Kulturgeschichte am Friedensplatz
Die ursprüngliche Bücherstube wurde bei den Luftangriffen 1944 zerstört. Nach dem Krieg führten Marianne d’Hooge und später Hans-Dietrich zur Megede sowie Jeanette Seitz die Buchhandlung unter dem Namen „Darmstädter Bücherstube“ fort. 1999 wurde das Geschäft endgültig geschlossen.
Heute erinnert eine Gedenktafel in der Saalbaustraße an Alfred Bodenheimer – einen Mann, der die literarische und kulturelle Landschaft Darmstadts über Jahrzehnte geprägt hat.
(DARMSTADT – RED/PSD/fre/dk)