Wissenschaftsstadt Darmstadt bezieht Stellung zu Workshop-Abbruch – Kritik an „undifferenzierten Schuldzuweisungen“
Darmstadt. Während der noch bis Samstag laufenden „Darmstädter Ferienkurse“, organisiert vom Internationalen Musikinstitut Darmstadt (IMD), kam es am Donnerstag (31. Juli) zu einem Vorfall, der nun auch eine politische Einordnung erfahren hat. Wie es in einer Pressemitteilung der Wissenschaftsstadt Darmstadt vom 1. August 2025 heißt, wurde in einem Workshop über „Nicht-Binarität in der künstlerischen Praxis“ eine grafische Arbeit präsentiert, die aus Sicht der Schader-Stiftung als Gastgeberin nicht mit dem Selbstverständnis der Einrichtung vereinbar war.
Die Grafik einer argentinischen Künstlerin enthielt politische Parolen wie „Stop Genocide“, „Israel Conqueror“, „Whites go Home“, „Free Palestine, Free Wallmapu“ und sollte Teil einer Performance sein. Der Workshop wurde von Luxa M. Schüttler, Professorin für Komposition an der Musikhochschule Stuttgart, geleitet.
Workshop-Gruppe verließ die Schader-Stiftung
Nach Einsicht in die Grafik informierte die Schader-Stiftung das IMD am Donnerstagnachmittag über ihre Ablehnung der Inhalte. Nach ausführlicher Beratung entschied sich die Workshop-Gruppe am Abend, den Workshop nicht in den Räumen der Stiftung fortzusetzen.
Oberbürgermeister und Kulturdezernent Hanno Benz begrüßte das Vorgehen der Stiftung ausdrücklich: „Es ist legitim, das Handeln der Regierung Netanjahu zu kritisieren – das tun auch viele Menschen in Israel. Aber einseitige, geschichtsvergessene und undifferenzierte Schuldzuweisungen gegenüber Israel sind inakzeptabel und auch nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt“, betonte Benz in der städtischen Mitteilung. Die Parolen überschritten aus seiner Sicht deutlich die Grenzen legitimer künstlerischer Ausdrucksformen.
Keine Zensur – Kunstwerke nicht beschädigt
Alexander Gemeinhardt, Geschäftsführer der Schader-Stiftung, stellte klar, dass es sich nicht um eine Zensur handelte. Die Stiftung habe keine rechtswidrigen Aktionen unterstützen wollen, die Entscheidung zum Abbruch sei von der Gruppe selbst getroffen worden – ohne Rücksprache mit der Stiftung. Auch die Behauptung, Kunstwerke seien entfernt oder beschädigt worden, sei falsch. Laut Stiftung wurden diese nicht berührt.
Der Oberbürgermeister dankte sowohl dem IMD-Direktor Professor Thomas Schäfer als auch Schader-Geschäftsführer Alexander Gemeinhardt für ihr „klares Handeln“ nach dem Vorfall.
Friedliche Kundgebung bereits am Dienstagabend
Bereits am Dienstagabend hatte es laut IMD auf dem Festivalcampus an der Lichtenbergschule eine spontane, etwa 15-minütige „Free Palestine“-Kundgebung gegeben, die friedlich verlief und ohne Störungen endete. Das anschließend geplante Konzert konnte wie vorgesehen stattfinden.
Hintergrund zu den Darmstädter Ferienkursen
Die Darmstädter Ferienkurse werden alle zwei Jahre vom Internationalen Musikinstitut Darmstadt (IMD), einer Einrichtung der Wissenschaftsstadt Darmstadt, ausgerichtet. Seit 1946 versteht sich das Festival als Plattform für zeitgenössische und experimentelle Musikformen, Diskurse und internationale Netzwerke. Auch gesellschaftliche und politische Fragestellungen gehören dabei regelmäßig zum Programm.
(DARMSTADT – RED/PSD/ho)