Persönlich ist sie Fidel Castro nie begegnet
Zwischen 1950 und 1975 gab es die legendäre Veranstaltungs-Reihe „Darmstädter Gespräche“. Dabei ging es, verkürzt gesagt, darum, in öffentlichen Diskussionen kulturinteressierten Bürgern über den Tag hinaus relevante Themen wie Probleme näher zu bringen. Darum soll es auch bei den „Darmstädter Tischgesprächen“ gehen, bei denen jene zu Wort kommen, die an unterschiedlichen Stellen ihren Beitrag für Erhalt wie Weiterentwicklung unserer Gesellschaft leisten. Diesmal ist der Journalist und Publizist W. Christian Schmitt zusammen mit Kameramann Werner Wabnitz zu Gast bei der in Darmstadt-Eberstadt lebenden Roman-Autorin Barbara Zeizinger.
Sie ist keine „Reiseschriftstellerin“, sagt sie. Auch wenn dies auf Wikipedia so zu lesen sei. Nur einmal habe sie einen Reiseführer über Kuba geschrieben, damals, als Fidel Castro noch lebte und man in Havanna an jeder Straßenecke seinem Konterfei (nebst revolutionären Sprüchen) nicht ausweichen konnte. Als Lyrikerin will sie allerdings gern gesehen werden, denn sie sei „durch die Lyrik zum Schreiben gekommen“. Mehrere kleine Gedichtbände von ihr, u.a. „Wenn ich geblieben wäre“ und „Weitwinkel nah“, sind im Ludwigsburger Pop-Verlag erschienen.

Foto: Werner Wabnitz
Um es genau zu sagen: Barbara Zeizinger ist Roman-Autorin, was sie mit ihrer jüngsten Publikation „Leben in Etagen“ einmal mehr unter Beweis stellt. Im Klappentext des Buches erfährt man: „Barbara Zeizinger erzählt die Geschichte eines Hauses und seiner Bewohner in den Jahren 1931 bis 2020“. Mehr noch: „Es geht um vier Familien zwischen Nationalsozialismus, Krieg, Nachkriegszeit, Wiederaufbau und demokratischer Entwicklung der Bundesrepublik…“. Und sie ergänzt: „Fast alle meine Bücher sind Familienromane und haben eine historische Folie…“
Aber über all die Buchinhalte wollten wir uns ja weniger unterhalten, mehr über die Autorin: Wie sie zum Schreiben gekommen ist, wie ein Buch bei ihr entsteht, wieviel Zeit sie dafür investiert, was sie bei Lesungen alles erlebt, wie groß ihre „Fan-Gemeinde“ mittlerweile ist, wie ihre Lebens- und Schreibeplanung aussieht und vieles andere mehr. Barbara, wie ich zu ihr sagen darf, war fast 40 Jahre Lehrerin im Schuldorf Bergstraße, hat versucht, das, was man „Reife“ nennt, Schülern nahezubringen, auch Geschichtsbewußtsein und Sozialverhalten.
Wir sitzen uns in ihrem Wohnzimmer gegenüber. Sie hat ein Frühstück vorbereitet. Ich schmiere mir ein Brötchen und genieße den Kaffee, bevor wir unser Gespräch fortsetzen. Wie bist Du eigentlich zur Schriftstellerei gekommen?, frage ich. „Ich hatte zwar nicht das Gefühl, daß ich unbedingt Schriftstellerin werden müsse, ich bin ein Spätentwickler und war schon Ende 40, als ich mein 1. Buch veröffentlichte“, sagt sie, „aber ich habe immer gern geschrieben“. In jungen Jahren sogar Artikel für den Mannheimer Morgen. Schwerpunkte damals, so erinnert sie sich, waren all die Themen, „die andere nicht behandeln wollten“. Und so schrieb sie „über Minigolf, die Friseur-Innung, Karnevalssitzungen, Stammtische, aber auch über Filme, die andere sich nicht ansehen mochten“.
Woher die Neigung zum Journalismus? Weil ihr Vater einst Chefredakteur bei der Odenwälder Zeitung war. Trotz allem wurde sie keine Journalistin, sondern zunächst Lehrerin und später dann Schriftstellerin, die vermelden kann, daß sie u.a. Mitglied beim PEN-Club, der Darmstädter Autorengruppe Poseidon und der Kogge ist.
Auch sie wuchs als Studentin auf mit Liedermachern wie Hannes Wader, Dieter Süverkrüp u.a.m. „Mein allererster Roman“, erzählt sie, „hat damals in Italien gespielt und von Geiseln und deren Erschießung gehandelt“. Ein Roman, der viel Recherche vor Ort benötigte. Heute weiß sie, daß ihre „Schreibzeit begrenzt“ ist und daß sie nicht „von morgens bis abends durchschreiben“ könne.
Als wir dann mit unserem Tischgespräch in die Schlußphase kommen, erfahre ich von ihr noch, daß sie „in Bezug auf das Schreiben ehrgeizig“ sei. Was „muß“ überhaupt sein und im Alter besonders, frage ich. „Wichtig sind“, vertraut sie mir an, „Freundschaften“ und das Zusammensein mit Menschen. Denn dies sei „gut für die Erweiterung der eigenen Sichtweisen“. Und dann fügt sie noch an: „Ich fühle mich frei, das zu schreiben, was mir wichtig ist“.
Da sie bewiesen hat, daß sie beides kann, sowohl Zeitungsartikel als auch Bücher schreiben, frage ich zum Schluß noch, ob sie es auch so sehe, daß Journalisten (mehr) fürs Informieren und Schriftsteller (mehr) fürs Unterhalten zuständig seien. Sie lächelt.
Zur Person
Babara Zeizinger, Jahrgang 1949, geboren in Weinheim, Wohnort: Darmstadt; Studium der Germanistik, Geschichte und Italienisch in Mannheim und Frankfurt; verh., zwei Töchter. Weitere Infos sind zu finden unter www.barbarazeizinger.de
Nächster Gesprächspartner ist der Darmstädter Krimi-Autor Andreas Roß.