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Bildungsreise nach Stockholm: Erkenntnisse über Geschichte und Gegenwart
Wie die Pressestelle des Kreises Groß-Gerau mitteilt, haben Schülerinnen und Schüler aus drei Schulen der Region an einem intensiven Schulprojekt teilgenommen, das sich mit Rechtspopulismus, Antisemitismus und der Rolle Schwedens im Zweiten Weltkrieg beschäftigte. Die Reise führte die Jugendlichen nach Stockholm, wo sie vor Ort historische Zusammenhänge erforschten, mit Betroffenen sprachen und gesellschaftspolitische Entwicklungen analysierten.
Einblick in Geschichte und Gegenwart
Am Projekt beteiligt waren Schülerinnen und Schüler der Bertha-von-Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf, der Prälat-Diehl-Schule Groß-Gerau und der Ricarda-Huch-Schule Dreieich. In einer Abschlussveranstaltung im Groß-Gerauer Landratsamt präsentierten neun von ihnen vor rund 40 Gästen ihre Erkenntnisse und Erfahrungen.
Organisiert wurde das Projekt von der Margit-Horváth-Stiftung in enger Absprache mit der Bertha-von-Suttner-Schule. Die Fachstelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie das Büro für Integration des Kreises Groß-Gerau unterstützten das Vorhaben finanziell.
Bereits im Sommer 2024 begannen die Vorbereitungen mit Vorträgen über Rechtsextremismus und die gesellschaftspolitische Entwicklung Schwedens. Vom 17. bis 22. November 2024 reisten die Jugendlichen nach Stockholm, um sich mit historischen und aktuellen Aspekten des Antisemitismus sowie dem Einfluss rechtspopulistischer Parteien in Schweden auseinanderzusetzen.
Besuch im jüdischen Museum und Gespräche mit Holocaust-Überlebenden
Ein wichtiger Bestandteil der Reise war der Besuch des jüdischen Museums in Stockholm, wo die Jugendlichen die Geschichte der jüdischen Gemeinde Schwedens erforschten. Besonders eindrücklich war für sie, dass Schweden jüdische Flüchtlinge lange ablehnte und erst nach der Reichspogromnacht 1938 bereit war, 450 jüdische Kinder aufzunehmen – jedoch ohne deren Eltern.
Beeindruckend war auch der Austausch mit Kindern von Holocaust-Überlebenden, die nach dem Krieg über das Rote Kreuz nach Schweden gebracht wurden. Die Jugendlichen betonten, dass es für sie eine völlig neue Erfahrung war, die deutsche Geschichte einmal aus der Perspektive eines anderen Landes zu betrachten.
Eine zentrale Frage, die sich dabei ergab: Was bedeutet Neutralität in Kriegszeiten? Schweden bemühte sich, nicht in den Zweiten Weltkrieg hineingezogen zu werden, machte jedoch erhebliche Zugeständnisse an Nazi-Deutschland – beispielsweise durch den Truppendurchmarsch deutscher Soldaten und Erzlieferungen.
Rechtspopulismus und gesellschaftliche Spaltung in Schweden
Neben der historischen Aufarbeitung beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler auch mit der aktuellen politischen Lage in Schweden. Im Mittelpunkt stand dabei die Entwicklung der Schwedendemokraten, einer Partei, die 1988 als offen rassistische Bewegung gegründet wurde und heute Teil der Regierung ist. Während sich ihre Sprache gemäßigter gibt, bleibt ihre antimuslimische Haltung in vielen politischen Entscheidungen spürbar.
Besonders schockiert waren die Jugendlichen von diskriminierenden Erfahrungen, die einige Teilnehmerinnen mit Kopftuch oder dunklerer Hautfarbe in Stockholm machten. Diese Erlebnisse führten ihnen vor Augen, wie Segregation und Ausgrenzung in der Gesellschaft wirken. Ein eindrucksvolles Beispiel war der Besuch eines migrantisch geprägten Stadtteils, wo sie mit einer jungen Iranerin über die sozialen Herausforderungen und die Wohnungspolitik Schwedens sprachen.
Trotz dieser Erfahrungen gab es auch positive Eindrücke: Ein Besuch im Jugendzentrum „Fryshuset“, das durch Sponsoren finanziert wird, zeigte, wie kreative Bildungsarbeit jungen Menschen Perspektiven eröffnet.
Nachhaltige Wirkung des Projekts
Eine zentrale Erkenntnis der Teilnehmenden war, dass Geschichtsunterricht in Schulen oft abstrakt bleibt. Erst durch persönliche Gespräche mit Zeitzeugen und Betroffenen wurde für sie greifbar, was Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus in der Vergangenheit und Gegenwart bedeuten.
Auf die Frage, wie sie mit ihren neuen Erkenntnissen umgehen wollen, antworteten die Jugendlichen: Sie möchten sich aktiv für eine Gesellschaft der Vielfalt und Menschlichkeit einsetzen.
Am 15. Mai um 19 Uhr werden sie ihre Ergebnisse im Horváth-Zentrum in Frankfurt nochmals präsentieren. Die Veranstaltung wird vom Lions Club Frankfurt-Goethestadt unterstützt und ist öffentlich zugänglich.
(KREIS GROSS-GERAU – RED/PSGG)
Neun Jugendliche berichteten im Landratsamt von ihrem Schweden-Projekt. Begleitet wurde die Gruppe von Christian Bredow (2.v.l.), Lehrer der Bertha-von-Suttner-Schule, und Cornelia Rühlig, Vorstandsvorsitzende der Margit-Horváth-Stiftung (rechts). Insgesamt nahmen 17 Schüler*innen am Projekt teil. Die meisten stehen kurz vor dem Abitur. Foto: Kreisverwaltung