Neue Webseite „virtuelle-synagogen.de“ präsentiert über 40 zerstörte Gotteshäuser zum Gedenken an die Pogromnacht
Darmstadt. Zum Jahrestag der Novemberpogrome 1938 geht am 9. November die neue Webseite virtuelle-synagogen.de online. Sie zeigt digital rekonstruierte Synagogen, die seit mehr als 30 Jahren am Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt entstehen. Nutzerinnen und Nutzer können dort über 40 jüdische Gotteshäuser, die während der NS-Zeit zerstört wurden, virtuell erkunden – ergänzt durch Bilder, Filme, Panoramen und Hintergrundinformationen.
Initiiert wurde das Projekt von Dr.-Ing. Marc Grellert, Leiter des Forschungsbereichs Digitale Rekonstruktion am Fachgebiet Digitales Gestalten. Sein Ziel: den kulturellen Verlust sichtbar machen und die frühere Bedeutung jüdischer Synagogen für das Stadtbild würdigen.
„Die virtuellen Modelle sollen an die Schönheit und Vielfalt der jüdischen Architektur erinnern und zugleich ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen“, erklärt Grellert. Die Idee entstand bereits 1994 als Reaktion auf den Brandanschlag von Neonazis auf die Synagoge in Lübeck.
Erinnerungskultur mit digitalen Mitteln
Im Laufe der Jahre wurden am Fachgebiet Digitales Gestalten und bei der Kooperationspartnerin Architectura Virtualis über 40 Synagogen virtuell rekonstruiert, zehn weitere sind in Arbeit. Die neue Webseite bietet einen Überblick über verschiedene Epochen, Baustile und religiöse Ausrichtungen – von kleinen Landsynagogen bis hin zu städtischen Gotteshäusern.
Neben Gebäuden, die während der NS-Zeit zerstört wurden, umfasst die Sammlung auch mittelalterliche Synagogen in Köln, Worms und Speyer sowie barocke Gotteshäuser in Horb und Frankfurt.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Teilprojekt „Synagogen im Rhein-Main-Gebiet“, das 13 Synagogen aus Frankfurt, Darmstadt und Mainz virtuell rekonstruiert. Studierende des Fachbereichs Architektur erstellen erste Modelle, die anschließend vom TU-Team professionell weiterentwickelt werden.
„Das Projekt bringt Erinnerungskultur und digitale Bildung zusammen“, so Grellert. „Es zeigt, wie neue Technologien dazu beitragen können, Geschichte lebendig zu halten und junge Menschen aktiv einzubinden.“
Kooperationen und Förderung
Neben der TU Darmstadt sind auch die Goethe-Universität Frankfurt, das Buber-Rosenzweig-Institut und die HTW Dresden beteiligt. Gefördert wird das Projekt vom Präsidium der TU Darmstadt, der Stiftung Giersch, der Dotter-Stiftung, der Entega-Stiftung, der Mengler-Stiftung, der Darmstädter Sparkasse sowie den Städten Darmstadt, Frankfurt und Mainz.
Die Umsetzung der neuen Webseite wurde zudem durch das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Gemeinschaftsprojekt „IDOVIR“ ermöglicht.
Der Start am 9. November ist bewusst gewählt – als digitales Zeichen gegen das Vergessen. Künftig sollen alle neu rekonstruierten Synagogen kontinuierlich in die Plattform integriert werden.
(DARMSTADT – RED/TU)